Leserbrief: Politik für weniger Flächenverbrauch

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Leserbrief zu „fast 900 Quadratmeter pro Nase sind bebaut“, Verdener Aller Zeitung vom 13.8.16

Fast 50 % mehr Flächen als im Bundesdurchschnitt sind pro Person im Landkreis Verden bebaut, bei beständig steigender Tendenz. Flächen fürs Wohnen schlagen dabei besonders zu Buche. Dieser „Flächenfraß“ geht zu Lasten von Wäldern, naturbelassenen Flächen und – vor allem – Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung. Auch wenn man über die Art der Nutzung letzterer streiten kann (Stichwort: ökologische oder konventionelle Landwirtschaft) – die Gesamtentwicklung ist Grund zur Sorge, und die politischen Ziele der Bundesregierung (die in der Realität nicht erreicht werden) zur Begrenzung des Flächenverbrauches sind weit weg von dem, was nötig wäre: Wir bräuchten mehr Wälder (mit einem wachsenden Anteil an naturbelassenem Wald), mehr Flächen für Naturschutz (und echter Wildnis) und Flächen für eine weniger intensive, ökologische Landwirtschaft. Das bedeutet, das Wachstum der Bebauung sinnvoll zu begrenzen – aber wie geht das, gerade auch angesichts des aktuellen Bedarfs nach neuem (und bezahlbarem) Wohnraum? Die bereits bebauten Flächen anschauen ist eine wesentliche Antwort. „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ ist auch in Verden Leitbild der Stadtentwicklung: Baulücken schließen, alte bebaute Flächen überplanen und sinnvoll nachnutzen – in diese Richtung denkt unsere Stadtverwaltung schon länger. Im Rahmen des Zukunftskonzepts hat sich eine Facharbeitsgruppe intensiv damit befasst, wo im Stadtgebiet Gebiete für Wohnbebauung neu erschlossen werden können. Aber es kann – und muss – noch mehr getan werden. Denn nach wie vor werden – bei großer Nachfrage – neue Baugebiete ausgewiesen. Klar, denn ein neues Haus im Neubaugebiet ist für viele oft attraktiver als ein Altbau im Bestand. Aber was passiert in den „Neubaugebieten“ z.B. der 50er Jahre? Große Häuser werden oft nur noch von einer älteren Person bewohnt. Das ist oft gewollt, aber nicht immer. Dann gibt es Leerstände der oft sanierungsbedürftigen Häuser. Manche Kommunen haben daher mit einem Programm „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ Anreize geschaffen, um junge Familien für den Kauf eines Altbaus zu gewinnen und gleichzeitig die Quartiere zu „verjüngen“. Gleichzeitig werden ältere Menschen bei der Suche nach geeigneten kleineren, altersgerechten Wohnungen unterstützt. Stichwort Quartiere: es gibt in Verden einige Stadtgebiete, die als Ganzes neu entwickelt werden können und müssen: energetisch sanieren und attraktiv neu gestalten. Dafür gibt es Förderprogramme, die genutzt werden können.
Städtischer, bebauter Raum kann auch grün sein und damit attraktiv für Bienen, Vögel und Menschen: Blumen und heimische Sträucher vorm Haus statt Kies und Steine, Hausbegrünung, blühende Grünstreifen an Straßen und Wegen und Gründächer. Überhaupt Dächer: Wir haben so viele Dächer in Verden, die Solaranlagen Platz bieten könnten und gekoppelt mit Speichern die dezentrale Energiewende voran bringen. Viele Städten haben Solarkastaster, um dies zu unterstützen. Solare Freiflächenanlagen mit ihrem Flächenbedarf wären so unnötig. Dies sind nur einige Beispiele, was getan werden kann: eine Politik für weniger Flächenverbrauch ist nicht nur nötig – sie ist auch möglich!
Rasmus Grobe
stv. Fraktionsvorsitzender
Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Verden