Verdener Gespräch: Bürgerbeteiligung macht eine Stadt erst lebendig

Die machen ja doch was sie wollen!“ Diese Stammtischparole zum Einfluss von Bürgerinnen und Bürgern auf die Politik in Deutschland hat in den letzten Monaten für viele Menschen an Bedeutung verloren. Bürgerbewegungen und Proteste haben mittlerweile Einfluss auf politische Entscheidungen. Stuttgart 21 und die Atompolitik sind sicher die deutlichsten Beispiele.

Ganz offensichtlich reicht es vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr alle paar Jahre zur Wahl zu gehen. Sie wollen aktiv mitgestalten. Am 11. September sind in Niedersachsen Kommunalwahlen. Das ist ein guter Anlass einmal deutlich zu machen, welche Beteiligungsformen in der Stadt Verden praktiziert werden.

Alle Ratssitzungen und alle Ausschusssitzungen bis auf den Verwaltungsausschuss sind öffentlich. Vor und nach den Sitzungen gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen und auf Missstände hinzuweisen. In Fachausschüssen sind externe Experten vertreten: z. B. Eltern, Schüler- und Lehrervertreter im Schulausschuss, ein Vertreter der Umweltverbände im Ausschuss für Straßen und Stadtgrün und der Behindertenbeauftragte im Ausschuss für Stadtentwicklung.

Vor baulichen Veränderungen oder Erschließungen gibt es Informationsveranstaltungen. Bei neuen Bebauungsplänen oder Änderungen werden diese zusätzlich ausgelegt und die Bürgerinnen und Bürger können ihre Kritik und Bedenken einreichen.

Umfragen und deren fachliche Auswertungen wie kürzlich zum geplanten Radweg an der Eisenbahnbrücke sind eine weitere Form der Bürgerbeteiligung.

Zu anderen Projekten gibt es Arbeitsgruppen, an denen neben Experten auch Bürgerinnen und Bürger beteiligt sind. Das war zuletzt bei den Pflasterungs- und Gestaltungsplänen für die Große Straße und den Rathausvorplatz der Fall. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe werden nach Abschluss im Rat vorgestellt. Die Ratsmitglieder entscheiden allerdings letztendlich nach eigenem Ermessen und sind für diese Entscheidungen natürlich verantwortlich.

Für uns Grüne haben die Ergebnisse der Arbeitsgruppen einen sehr hohen Stellenwert, nicht zuletzt deshalb, weil hier sehr gezielt an einem bestimmten Projekt gearbeitet wird. Für uns ist nicht nachvollziehbar, wie von Seiten der CDU die Ergebnisse und deren Zustandekommen wiederholt ignoriert werden und die ganze Diskussion wieder bei Null beginnen soll. Besonders ärgerlich ist dabei die Tatsache, dass immer Vertreter aller Fraktionen in den Arbeitsgruppen vertreten sind. Für mich stellt das eine Missachtung von Bürgerengagement dar.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass wir Grünen Kritik und Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern sehr ernst nehmen und sie bei konkreten Entscheidungen berücksichtigen, soweit sie mit unseren politischen Zielen übereinstimmen. Dabei steht für uns Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit an erster Stelle. Nicht nur im Wahlkampf suchen wir das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern.

Wo haben Bürgerinnen und Bürger etwas für die Stadt erreicht? Durch einen Grünen Antrag gibt es einen Behindertenbeirat und einen Behindertenbeauftragten. Durch deren Engagement wird die Stadt nach und nach barrierefrei und damit verbessert sich nicht nur für behinderte Menschen ein Stück Lebensqualität in Verden.

Ein weiteres Beispiel ist die „Stadthalle für alle“. Hier haben engagierte Bürgerinnen und Bürger verhindert, dass die Stadthalle zum Treffpunkt für Nazis wurde.

Das sind zwei ganz besondere Beispiele. Es gibt unzählige weitere, die in der Summe genauso wichtig sind. Sie machen deutlich, wie sinnvoll es ist, sich für seine Stadt einzusetzen.

Es müssen nicht nur große Ziele sein wie der Atomausstieg oder Stuttgart 21. Bürgerengagement ist auch für die Stadt Verden wichtig und kann auf die Politik Einfluss nehmen!

Gesine Ahlers

Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Verdener Stadtrat