TTIP und CETA: gravierende Folgen für kommunale Daseinsvorsorge

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Wir leben in einer schönen Kleinstadt in einem der reichsten Ländern der Erde. Wir sind gesegnet mit einer funktionierenden Demokratie und – im weltweiten Maßstab – hohen Standards bezüglich Umwelt- und Verbraucherschutz und sozialer Sicherheit. Als Kommune können wir viele Dinge selbst entscheiden, die die Daseinsvorsorge betreffen: der Trinkwasserverband versorgt uns mit bestem Trinkwasser (und Bremen gleich mit), unsere Stadtwerke sichern die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas und ermöglichen zudem Bade- und Saunaerlebnisse zu moderaten Preisen, sowiee den Betrieb einer Stadthalle mit interessantem Kulturprogramm. Wenn die Stadt Verden einen Weg plastern lässt, kann sie beispielsweise entscheiden, dass die verwendeten Steine ohne Kinderarbeit produziert wurden. Und so weiter.

Selbstverständlich, oder? Bald nicht mehr! Nicht, wenn die Freihandelsabkommen, die von der EU (und Deutschland) mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) derzeit verhandelt werden, in der bisher bekannten Form in Kraft treten.

TTIP und CETA werden Einfluss darauf haben, welche Dienstleistungen zukünftig noch von Städten und Gemeinden selbst erstellt werden dürfen, was ausgeschrieben werden muss und unter welchen Bedingungen. Bestimmte wohlgemeinte kommunale Entscheidungen können dann Schadensersatzansprüche von Investoren nach sich ziehen.

TTIP und CETA werden einen gewaltigen Privatisierungsdruck mit sich bringen. Alle Dienstleistungen, die nicht explizit ausgenommen sind, müssen liberalisiert werden. Die EU hat in ihrem Verhandlungsmandat definiert, dass nur wenige öffentliche Dienstleistungen wie Justiz, Polizei, Strafvollzug u.ä. von der Liberalisierung ausgeklammert werden sollen, nicht aber Bildung, Kultur, Wasser und Abwasser. In einem vom Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) beauftragten Gutachten wird dazu für den Wasserbereich festgestellt, dass damit nationale oder lokale Einschränkungen, die Wasserversorgungen nur über öffentliche Unternehmen erstellen zu lassen, nicht mehr zulässig wären. Damit würde die Privatisierung der Wasserversorgung, um die es in der Vergangenheit in der Bundesrepublik eine breit geführte öffentliche Debatte gegeben hat und die von der Bevölkerung abgelehnt wird, durch die Hintertür erzwungen.

Und dies ist nur ein Beispiel. Viele Kommunen und kommunale Verbände, darunter der Deutsche Städtetag, sind alarmiert und haben sich mit kritischen Stellungnahmen eingebracht. Aber das wird nicht reichen. Denn der Schlüssel liegt in Berlin. Und die CDU-SPD-Regierung meint wohl (trotz lauter werdender Proteste insbesondere in der SPD), dass es die Menschen in diesem Land nicht merken werden, wenn sie Umwelt- und Sozialstandards und öffentliche Daseinsvorsorge den Profitinteressen von multinationalen Konzernen opfert (unter dem Deckmantel der europäisch-amerikanischen Freundschaft). Aber da hat sie sich verrechnet: denn fast täglich wächst in ganz Europa der Protest gegen TTIP und CETA – denn ob es um die Zulassung von Gentechnik in Nahrungsmitteln geht, um die Kommerzialisierung von Kultur oder den Abbau von Arbeitnehmerrechten: die (geheimen) Verhandlungen enthalten so ziemlich alles, was sich amerikanische Großkonzerne schon immer gewünscht haben.

Am 10. Oktober mobilisiert ein Bündnis aus allen Gewerkschaften, Umwelt- Kultur- Sozialverbänden und Verbraucherschutzorganisationen zu einer großen Demonstration nach Berlin. Auch Bündnis 90/Die Grünen unterstützen den Aufruf – und auch wir aus Verden werden dabei sein und freuen uns über alle Verdener/innen, die sich dem Protest anschließen (Infos und Anmeldungen für Mitfahrgelegenheiten bei bei unserer Grünen Kreisgeschäftführerin: bettina.schumacher@gruene-kv-verden.de)

Rasmus Grobe

stellvertretender Fraktionsvorsitzender

Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Verden