Verdener Sekundarschule: Grüne für IGS 03/06/2016 „Expertenvotum kann politische Beratung nicht ersetzen“ Verden. Die Grüne Stadtratsfraktion kommt nach intensiven Beratungen in Fraktion und Ortsverband zum Schluss: Eine Integrierte Gesamtschule wäre die beste Schulform für die geplante neue Sekundarschule. Das Votum der eingesetzten „Expertengruppe“ für eine Oberschule sei inhaltlich und methodisch nicht nachvollziehbar und müsse im Rahmen der politischen Beratungen diskutierbar bleiben, fordern die Grünen. Die Schülerzahl in der Hauptschule Verden geht zurück. Der Stadtrat hat reagiert und beschlossen, eine „neue“ Schule für den Sekundarbereich I (Klasse 5 bis 10) einzurichten. In Frage kommen eine Oberschule (OBS) oder eine Gesamtschule (IGS). Für eine Oberschule würden Haupt- und Realschule zusammengelegt, eine Gesamtschule wäre eine Neugründung und es könnten auch Schülerinnen und Schüler mit gymnasialen Fähigkeiten angemeldet werden. Auf breiter Basis unter Mitwirkung von Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern verschiedener Schulformen und Vertretern der politischen Parteien wurden Leitziele für die neue Sekundarschule erarbeitet und vom Rat einstimmig beschlossen. Eine Expertengruppe sollte nun die passende Schulform gemessen an den Leitzielen ermitteln. Diese hat jetzt die Empfehlung ausgesprochen, eine Oberschule einzurichten. „Wir sind dankbar für die intensive Arbeit, die die Expertengruppe geleistet hat. Allerdings erschließt sich uns aus der vorgelegten Tabelle und den Argumenten nicht, wie man zu diesem Votum gekommen ist. Wir haben uns in Fraktion und Partei eingehend mit der Synopse und den genannten Argumenten beschäftigt und kommen zu völlig anderen Schlüssen“, so Werner Meincke, Grünes Mitglied im Schulausschuss. Die Herleitung sei inhaltlich teilweise fehlerhaft und methodisch nicht nachvollziehbar. „Uns fehlt jeglicher Bezug zu den vom Rat beschlossenen pädagogischen Leitzielen. Wir hätten uns gewünscht, dass in der politischen Beratung ein differenzierter Blick auf die Ergebnisse der Expertengruppe und deren Nachvollziehbarkeit geworfen wird und erst dann eine Entscheidung erfolgt“, kritisiert Meincke. Nur so könne die in einer Demokratie notwendige Transparenz politischer Entscheidungen gewährleistet werden. Die anderen Fraktionen hätten sich jedoch sofort nach Vorstellung des Votums ohne Beratung auf die Oberschule festgelegt. „Wir sehen es als unsere Pflicht an, bei politischen Entscheidungen unser eigenes Urteilsvermögen zu behalten. Eine so wichtige und langfristige Entscheidung kann nicht an eine kleine Gruppe delegiert werden, in der unabhängige externe Bildungsexperten noch nicht einmal vertreten waren. Eine intensive Beratung in den politischen Gremien hätten wir als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt“, stellt Fraktionsvorsitzende Gesine Ahlers fest. Dazu werde es jetzt aber nicht mehr kommen. Noch vor den Wahlen soll die Entscheidung fallen. „Wir können und werden uns dabei dem Votum für eine Oberschule nicht anschließen“, so Ahlers. Die Kritik der Grünen am Vorgehen sei dabei unabhängig von der grundsätzlichen Haltung der Partei zur Sekundarschule. „Wir haben uns in unserem Wahlprogramm für eine Gesamtschule eingesetzt, halten sie aber zur Umsetzung der pädagogischen Leitziele umso mehr für die für Verden geeignete Schulform“, stellt Werner Meincke fest. Der Grüne Ortsverband hat diese Haltung nach eingehender Diskussion der Vor- bzw. Nachteile beider Schulformen jetzt in einer Sondersitzung bekräftigt. Nach wie vor überwiegen für die Grünen die Vorteile der Gesamtschule: Alle Schülerinnen und Schüler (bis auf diejenigen, die sofort zum Gymnasium gehen) könnten nach der 4. Klasse gemeinsam weiter eine Schule besuchen. Schülerinnen und Schüler aller Gesellschaftsschichten, verschiedener kultureller Herkunft und unterschiedlicher Leistungsmöglichkeiten lernen so nicht nur gemeinsam, sondern leben auch den Schulalltag miteinander. Regelmäßige Lernstandsberichte und eine in der IGS übliche Methodenvielfalt, offene Unterrichtsformen und handlungsorientiertes Lernen ermöglichen eine individuelle Förderung. Lerndefizite werden durch innere und äußere Differenzierung ausgeglichen, so dass es kein Sitzenbleiben in der IGS gibt. „Gemeinsames Lernen mit einer solchen Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit macht Schülerinnen und Schüler stark und fördert letztlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, hebt Meincke hervor. Zudem sehen die Grünen die Existenz der Gymnasien nicht angetastet. Deren akute Raumnot könnte im Gegenteil gelindert werden. Diese und weitere Argumente für eine IGS sehen die Grünen durch die Expertengruppe nicht genügend gewürdigt. Diese hatte behauptet, dass die berufliche Orientierung in der OBS besser sei und die Schule daher besser zu Verden passe. „Das ist schlicht falsch: Die Möglichkeiten zur beruflichen Orientierung ist per Erlass geregelt und in beiden Schulen gleich“, betont Meincke. Letztendlich fürchten die Grünen, dass eine Oberschule, wenn sie denn demnächst vom Rat beschlossen wird, eine Restschule wird: Die Eltern, die für ihr Kind nichts versäumen möchten, werden ihr Kind nach der 4. Klasse zu einem Gymnasium schicken. „Eine solche Entscheidung am Ende der Klasse 4 ist in vielen Fällen einfach noch nicht möglich“, weiß Werner Meincke aus seiner langjährigen Erfahrung als Schulleiter, „in einer IGS haben die Kinder dagegen bis zum Ende der Klasse 10 ohne Schul- und Klassenwechsel Zeit, sich zu entwickeln“. Gesine Ahlers stellt abschließend fest: „Verdener Schülerinnen und Schüler hätten eine solche und damit wirklich neue Schule verdient.“ Sie erinnert daran, dass sich derzeit überall in Niedersachsen Oberschulen in Gesamtschulen umwandeln würden – „und dafür haben sie gute Gründe,“ so Ahlers.
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